Ihre Karriere als Justizwachebeamtin begann Vera Kaltenböck in Korneuburg. In der Justizanstalt Suben lernte sie das Korbflechten und leitet mittlerweile Insassen an. Sie erzählt von ihren Erfahrungen und ihrem Alltag.
Seit 24 Jahren ist Vera Kaltenböck Justizwachebeamtin. Bereits ihr Vater war in diesem Beruf tätig. Sie wollte ihn auch ergreifen, obwohl zu Hause kaum über den Beruf gesprochen wurde. „Ich habe nur die Uniform gekannt, und dass mein Vater Nachtdienste hatte. Sonst wusste ich gar nichts.“ Sie wollte den Beruf ergreifen, weil sie sichere Zukunftsaussichten im Staatsdienst einerseits und eine Uniform andererseits wollte.
Alles dreht sich um Beschäftigung
Der Beruf als Justizwachebeamtin war ganz anders, als sie es sich zuvor ausmalte. Sie begann in Korneuburg, einem Gefangenenhaus. „Dort geht es eigentlich fast ausschließlich um die Verhandlungen, Einvernahmen und diese Dinge, weil es noch keine Urteile gibt. In Suben war das dann ganz anders, da hier bereits ausjudiziert ist. Hier dreht sich alles um Beschäftigung.“ In Suben arbeitet sie seit zehn Jahren.
„Mein Tag beginnt in den Abteilungen um sieben Uhr morgens. Dort nehme ich die Insassen mit in die Betriebe, wo um etwa halb acht Betriebsbeginn ist. Dort leite ich die Insassen an. Viele stellen Produkte für externe Betriebe her. Mein Hauptaugenmerk habe ich aber in der Korbflechterei und beim Stühle einflechten – beim so genannten „Wiener Geflecht“, wie diese alte Kulturtechnik heißt. Wir wollen die Insassen wirklich den ganzen Tag beschäftigen, zudem muss ich Waren kontrollieren, darauf achten, dass Material bestellt wird und Produkte geliefert werden“, schildert Kaltenböck ihren Alltag. „Um halb elf ist Mittagessen angesagt. Um elf Uhr geht es wieder zurück in die Betriebe, wo bis halb drei gearbeitet wird. Dann geht es zurück in die Abteilung, zum Spazierengehen und für mich langsam zum Dienstende.“
Erfolgserlebnisse und kulturelle Zugänge
Den Insassen mit Beschäftigung eine Tagesstruktur zu geben ist enorm wichtig, betont Kaltenböck: „Sie werden dadurch von ihrer Haftsituation abgelenkt. Beschäftigung hilft, dass die Zeit vergeht, sie sind mit anderen Kollegen in Kontakt und vor allem: Sie produzieren etwas. Es ist ein enormes Erfolgserlebnis wenn etwas fertig wird. Dann strahlen sie!“ Dabei brauche man aber auch Fingerspitzengefühl und lernt viele verschiedenen kulturelle Zugänge kennen. Es sind zum Beispiel viele Insassen aus Afrika in Suben. “Zeitdruck ist in Afrika unbekannt, das ist nicht Teil der Kultur. Wenn du einem Afrikaner sagst: ‚Der Korb muss in zwei Stunden fertig sein‘, dann wird das nicht gelingen. Sagst du aber: ‚Du bist der beste Korbflechter der Welt‘, dann ist der Korb in einer Stunde einwandfrei fertig.“
Für das Stuhlflechten mit dem „Wiener Geflecht“ gibt es keine vorgefertigte Ausbildung. Das wird von einem zum anderen weitergegeben, Insassen bilden so auch andere weiter. Anfangs ist das schwer, aber wenn sie den Bogen raus haben, dann freuen sie sich enorm! Manche werden regelrecht Experten in Sachen Korbgeflecht.
Der Verkauf von Produkten ist für Kaltenböck sehr wichtig, etwa auf Märkten oder im Jailshop. Sie berichtet: „Das ist die erste Frage, wenn etwas verpackt werden muss: Haben wir was verkauft? Denn dann haben sie das Gefühl sie haben wirklich etwas für die Gesellschaft gemacht.“
Produkte aus Suben sind im Jailshop HIER erhältlich.